Kapitel O
13
Praktische Herausforderungen für das Hören in mikrotonalen Projekten
Wie an anderer Stelle beschrieben, fällt es mir nicht immer leicht, eine pythagoräische Terz von einer harmonischen Terz zu unterscheiden.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XH%204%20Schwebungsfreie%20Terz%204zu5%20vs%20Terz%2064zu81.mp3
Dieser Unterschied von 21,5 Cent kann vom Gehör überwunden werden, erfordert jedoch eine Reihe von Bedingungen, die nicht immer in gleicher Weise erfüllt werden.
Das Niveau der verfügbaren Konzentration kann sehr unterschiedlich sein: Während ich beispielsweise dirigiere, gibt es gleichzeitig viele andere Details zu beachten (Rhythmik, Bewegung, Lesevermerke etc.). Ich muss zugeben, dass ich manchmal erst im Nachhinein (z.B. bei der Überprüfung von Aufnahmen) "falsch gespielte" Mikrotöne als solche bemerkt habe (z.B. weil mir die Abweichung vom chromatischen Intervall während der Aufführung bewusster war als das dadurch erklingende Mikrointervall).
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%201%20chromatische%20Intervalle%20und%20Mikrointervalle%20z.B.%20enharmonische.mp3
Ähnliche Herausforderungen beginnen schon vor jeder Probe einer mikrotonalen Komposition: Komponisten mögen in ihrer Klangkonzeption Mikrotöne hören - aber in der traditionellen Ausbildung an Konservatorien und Musikhochschulen gab es kein Fach, in dem die Differenzierung und Identifizierung der verschiedenen, eng verwandten Mikrotöne trainiert worden wäre.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%202%20Bezeichnung%20und%20Notation%20von%20Mikrointervallen.mp3
Darüber hinaus gibt es keine verbindliche verbale Fachsprache, die in allgemein verständlicher Weise angeben könnte, welche Mikrotonhöhe gemeint ist. Es gibt keine verbindliche Notation. Und es fehlt an Instrumenten, mit denen sich schnell überprüfen ließe, welche genaue Frequenz gehört wurde oder gehört werden sollte.
Die Enharmonische Orgel von Hans-André Stamm ist eine seltene (weil existierende) Ausnahme einer wirklich brauchbaren mikrotonalen Tastatur.
Wahrscheinlich gibt es Menschen, die bereits Mikrointervalle leichter identifizieren können als andere - aber unter diesen Menschen können nur wenige komponieren.
Jedenfalls sind meine eigenen mikrotonalen Fähigkeiten begrenzt. Diese Einschränkung muss anerkannt werden: So sehr ich mich auch bemühe, und so gut mein Gehör auch trainiert sein mag: Bei mikrotonaler Musik geht es um so feine Frequenzunterschiede, dass Fehler häufiger auftreten als z.B. in der chromatischen Musik.
Wenn z.B. allgemein angenommen wird, dass die Unterscheidungsschwelle für mikrotonale Frequenzen bei 7 Cent liegt, dann sollte angegeben werden, ob sich dies auf Intervalltöne bezieht, die nacheinander erklingen, oder auf Intervalltöne, die gleichzeitig erklingen.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%203%20Unterscheiden%20zwischen%20sehr%20%E4hnlichen%20Mikrotonfrequenzen.mp3
Wenn viele Intervalltöne gleichzeitig gespielt werden, kann ich relativ leicht feststellen, ob es sich um Konsonanzen handelt, die ohne Schweben gespielt werden - auch bei Mikrointervallen.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%204%20Unterscheiden%20zwischen%20rein%20oder%20verstimmt%20bei%20konsonanten%20Intervallen%20simultan%20und%20sukzessiv.mp3
Teilweise finde ich das auch bei rein gespielten Dissonanzen ähnlich einfach.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%205%20Dissonanzen%20bleiben%20auch%20%20bei%20reiner%20Intonation%20dissonant.mp3
Aber ich kann einige ähnliche Mikro-Intervall-Töne leichter unterscheiden, wenn die beiden Töne nacheinander (als "Melodiefolge") gespielt werden.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%206%20Unterscheiden%20%E4hnlicher%20Frequenzen%20simultan%20oder%20sukzessiv.mp3
Die Schwelle, an der ich nicht mehr unterscheiden kann, liegt für mich nicht immer bei 7 Cent.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%207%20Szusagen%20nicht%20ganz%20rein%20gestimnmte%20Oktave.mp3
Offenbar gibt es für einige Obertöne überhaupt keine Unterscheidungsschwelle, und jeder noch so kleine Unterschied wird unterscheidbar (z.B. bei mikrotonalen, umgestimmten Unisoni).
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%208%20H%F6ren%20sehr%20kleiner%20Frequenzuntwerschiede%20im%20sozusagen%20verstimmten%20Einklang.mp3
Bei anderen Mikrointervallen muss der Unterschied zu anderen Intervallen mehr als 7 Cent betragen, damit ich differenziert hören kann.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%209%20Kleine%20Frequenzuntwerschiede%20zwischen%20verschiedenenTerzt%F6nen.mp3
Ich bin der Meinung, dass die Zusammenhänge erst einmal gründlicher untersucht werden müssen, bevor allgemein gültige Aussagen über das Hören in der mikrotonalen Umgebung gewagt werden können.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2010%20Schwebungen%20entstehend%20durch%20Frequenzen%20im%20Mikrointervallabstand.mp3
Mikrointervalle beispielsweise, die gleichzeitig erklingen, erzeugen Schläge in der Lautstärke, und so lässt sich oft genau feststellen, ob ein Mikronintervall rein gespielt wird.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2011%20Schwebungen%20entstehend%20durch%20Frequenzen%20im%20verstimmten%20Quintabstand.mp3
Auch hier muss wieder zwischen Strukturen unterschieden werden, bei denen drei oder mehr gleichzeitig klingende Töne beteiligt sind.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2012%20%20Akkorde%20mit%20leicht%20unterschiedlichenMikrointervallen.mp3
Zum Beispiel ist es für mich relativ leicht zu hören, dass der Gesamtklang "rein" ist. Wenn er aber "nicht rein" gespielt wird, ist es viel schwieriger zu bestimmen, wie viele und welche einzelnen Intervalle im Gesamtklang "verstimmt" sind.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2013%20Durdreiklang%20rein%20und%20enharmonisch%20und%20mikrotonal%20substituiert.mp3
Bei einigen mehrstimmigen Akkorden fällt es mir leichter, sie im Ohr zu analysieren als bei anderen - und auch in dieser Hinsicht wäre es eine Untersuchung wert, warum.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2014%20Chromatisch%20identische%20Akkorde%20mit%20unterschiedlicher%20Feinstufenintonation.mp3
So kann es beispielsweise fast unmöglich sein, zu bestimmen, wie viele Töne gleichzeitig in einer Reihe von reinen Teiltönen erklingen.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2015%20Wieviele%20T%F6ne%20der%20Partialtonreihe%20erklingen%20wirklich.mp3
Auch die gezielte, exakte Intonation mikrotonaler Tonfolgen ist in einigen Fällen schwierig
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2016%20Mikrotonfolge%20gest%FCtzt%20durch%20einen%20Akkord.mp3
(es sei denn, sie werden durch fest gestimmte Musikinstrumente vorgefertigt).
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2017%20Mikrotonfolge%20konterkariert%20durch%20einen%20anderen%20Akkord.mp3
In manchen Kontexten wird beispielsweise eine mikrotonale Skala leichter und präziser intoniert, wenn sie durch bestimmte Begleitakkorde "unterstützt" wird.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2018%20Mikrotonfolge%20deren%20exakte%20Intonation%20durch%20Akkordst%FCtze%20nicht%20leichter%20wird.mp3
xakte%20Intonation%20durch%20Akkordst%FCtze%20nicht%20leichter%20wird.mp3
In anderen Fällen erschwert jede Begleitung die präzise Intonation einer mikrotonalen Skala.
http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XO%2019%20Das%20Zurechth%F6ren%20zu%20unterlassen%20ist%20oft%20fast%20unm%F6glich.mp3
Viele Phänomene sind auch heute noch sehr rätselhaft.
Nur ein Teil dieses Kapitels wird hier veröffentlicht.
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