Ist mikrotonale Musik menschenmöglich ? Und wenn ja: Welche ? Solche Gedanken haben mich seit meiner Jugend und Studienzeit beschäftigt. Denn ganz kleine Intervalle bieten einen besonderen Reiz, den unsere Kultur damals nicht zu kennen schien.
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Dieses Buch ist für Menschen bestimmt, welche an einer der aufregendsten musikalischen Neuentwicklungen des 21.Jahrhunderts teilnehmen möchten – und für Menschen, die solchem Fortschritt kritisch gegenüberstehen.
Die folgenden Kapitel sind nicht für Spezialisten der Musiktheorie geschrieben – obwohl natürlich viele Fachbegriffe vorkommen müssen. Diese sollten aber anhand der Tonbeispiele und Illustrationen allgemein verständlich werden können. Dass fast keines der vielen kleinen Intervalle bisher einen eigenen Namen bekommen hat, macht die Sache zusätzlich spannend.
Obwohl mikrotonal notierte Kompositionen in meinem eigenen Werkverzeichnis nur einen Bruchteil ausmachen können, gibt es zu ihnen viel zu sagen (ähnlich wie zu den Opern, wo ich bisher das Wort anderen überlassen habe).
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Es geht aber auf den folgenden Seiten nicht nur um meine Musik, sondern um eine Suche nach Orientierung inmitten der Fülle mikrotonaler Möglichkeiten.
Das Wort „mikrotonal“ bedeutet in den folgenden Ausführungen „alle Intervallgrößen, die kleiner als ein temperierter Halbton sind“. Diese Definition ist entnommen aus dem Standardwerk „Mikrotöne“ von Sigrun Schneider, Verlag für systematische Musikwissenschaft, Bonn 1975. Das Wort „mikrotonal“ ist inzwischen für Musik mit feineren Intervallabstufungen weit verbreitet.
Der Begriff Mikrotonalität wird – darauf aufbauend - für Strukturen von Bezugssystemen verwendet, welche Mikrotöne einbeziehen in Intervall-Anordnungen (Zusammenklänge und Tonfolgen).
Die Bezeichnung „Mikrotonale Musik“ wird heute teils schon als neuer Gattungsbegriff verwendet, innerhalb dessen viele unterschiedliche musikalische Entwicklungen subsummiert werden. In den folgenden Kapiteln wird u.a. ein prinzipieller Unterschied zwischen „ekmelischer“ und „mikro-tonaler“ Musik erläutert. Diese Unterscheidung hat in der Praxis Konsequenzen und kann auch zur Erläuterung meiner eigenen Beiträge hilfreich sein.
Mikrotöne können als absolute Tonhöhen (mit feineren Frequenz-Abstufungen) wahrgenommen werden. In musikalischem Zusammenhang treten sie praktisch immer in Wechselwirkung mit anderen Tönen und Mikrotönen auf. Daraus ergeben sich viele Aspekte, unter denen Musik neu durchgedacht werden kann (innermusikalisch und musiktheoretisch). Einige davon werden um so interessanter, je gründlicher man sich mit Phänomenen und Theorien der Mikrotonalität auseinandersetzt.
Zu Mikrobuch - Quinten verschiedene.wma
Im Folgenden werde ich versuchen, meine Beobachtungen möglichst präzise in Worte zu fassen – was nicht so einfach ist, weil es kein allgemein verbindliches musiktheoretisches Vokabular für mikrotonale Phänomene gibt – um meine Schlussfolgerungen möglichst verständlich darlegen zu können.
Wer die folgenden Abschnitte als Plädoyer für (oder auch gegen) mikrotonale Musik lesen wollte, würde vermutlich enttäuscht werden: Dabei würden auf jeder Seite neue innere Widersprüche gefunden werden, welche eine eindeutige Zielsetzung zu behindern schienen. Es empfiehlt sich daher, alle Kapitel als Chance für ein rechtzeitiges und vorsichtiges Abwägen zu werten: Soll und kann die neue Option Mikrotonalität genützt werden ?
Auf eine grundsätzliche (womöglich gar auf eine endgültige) Stellungnahme pro contra Mikrotonale Musik kann und werde ich mich nicht festlegen lassen.
Aber Optionen zu prüfen war schon immer etwas, das mich fasziniert hat. Die Vorausschau braucht nicht den Expertenkreisen alleine überlassen bleiben. Deshalb ist dieses Buch auch für die breitere Öffentlichkeit bestimmt.