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Kapitel L

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Zur mikrotonalen Intonation der Zwölftonkadenz

Wie an vielen Beispielen gezeigt werden kann, spielen bei der konsonanten (konkordanten) Zwölftonkadenz auch jene Frequenzproportionen eine große Rolle, welche die Primzahl 7 einbeziehen. Es ließe sich sogar die Theorie aufstellen, dass jede konsonante Zwölftonkadenz aus diesem Grunde automatische ein mikrotonales Tonsystem begründen würde.

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XF%208%20Partialton%207%20Naturseptime.mp3

 Nun folgt aber aus der 7er-Frequenzproportion eine große Fülle von Intervallen. Und schon der „Tritonus“ 5:7 ist nicht gleich groß wie derjenige mit dem Frequenzverhältnis 7:10. Damit stellt sich die Frage, welches Intervall denn eigentlich intoniert (und beabsichtigt ist), wenn eine Zwölftonkadenz erklingt.

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XG%2019%20Eine%20Zw%F6lftonkadenz.mp3

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XF%209%20Musik%20mit%207er%20Frequenzproportionen.mp3

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XL%201%20Gr%F6%DFenunterschied%20zwischen%20Tritonus%20im%20Frequenzverh%E4ltnis%205zu7%20und%207zu10.mp3

Dies ist eine Erweiterung jener Fragen, die sich zu den Terzen immer schon gestellt haben: Welche Großterz ist die angemessene für eine Musikstück, für einen Takt eines Musikstückes: Die „Naturterz“ 4:5 (64:80) – oder die „Pythagoreische Terz“ (64:81, welche ohne die Primzahl 5 auskommt) ?

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20Terzen%20gro%DF,%20verschiedene.mp3

Schon dies war keine Frage, die ein für allemal dogmatisch „endgültig“ beantwortet werden konnte. Sondern je nach intendiertem musikalischen Stil war diese oder jene Variante möglich – beide Großterzen waren sinnvoll: Je nach Zusammenhang (z.B. in „harmonischer Stimmung“ oder in „pythagoreischer“).

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XL%202%20Je%20je%20nach%20Tonsystem%20bevorzugte%20Terz.mp3

Dasselbe Phänomen gilt auch bei Musik mit Frequenzproportionen der Primzahl 7 und ihrer rationalen Vielfachen und Unterteilungen. Die Fülle möglicher Terzen wird noch einmal erweitert. Zu den Terzen, welche aus den Primzahlen 2 und 3 (Oktaven und Quinten) abgeleitet werden (z.B. 64:81) und jenen Terzen, welche die Primzahl 5 mit einbeziehen (4:5 z.B.), kommen nun Terzen mit Frequenzverhältnissen der 7 hinzu (7:9 und viele weitere).

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XL%203%20Gro%DFterz%207zu9%20Frequenzverh%E4ltnis.mp3

Beim Intonieren von 12-Ton-Kadenzen ist daher in der Einzelstimme und im Zusammenklang immer zu beachten, dass unterschiedliche Größen (Feinstufen-Intonation) auch von Intervallen wie Sekund, Terz, Tritonus, Sexte und Septime (ja sogar von Quinte und Quarte) nötig sein können.

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XL%204%20Unterschiedliche%20Gr%F6%DFen%20der%20Tonschritte%20durch%20verschiedene%20Terzen.mp3

Dies gilt für konsonante (konkordante) 12-Ton-Kadenzen ebenso wie für den konsonanten (konkordanten) Septimensatz – und erst recht gilt es für „dissonante Kadenzen“ und Septimensätze.

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XL%205%20Unterschiedliche%20Konkordanzgrade%20im%20Septimensatz.mp3

Wenn ich also  in einigen meiner Kompositionen die Zwölftonkadenz mikrotonal (d.h.  exakter) notiert habe, so bedeutet das nicht, dass ich damit ein mikrotonales Modell vorgeben wollte, das für alle von mir je geschriebenen Zwölftonkadenzen gelten sollte. Sondern es wird bei solchen 12-tönig notierter Musik den Ausführenden nicht erspart bleiben, im jeweiligen Zusammenhang selbst herauszufinden, welche Intonation gemeint ist an welcher Stelle. Teils kann z.B. auch eine „gleichschwebend temperierte“ Intonation möglich sein (sonst würden z.B. die Chiromantischen Septimenetüden am Klavier nicht so gut klingen) - wie sie wohl bei mitteltöniger oder enharmonischer Intonation des Klaviers wirken würden ?

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/UD%20Soyka%201.Septimenet%FCde%20aus%20Chiromantische%20Konzertet%FCden%20f%20Klavier.wav

Jedenfalls ist es zum Teil präziser, bei meinen mikrotonalen Kompositionen von „mikrotonal notierten“ Kompositionen zu sprechen – denn auch in den traditionell notierten Stücke kommen längst Mikrotöne vor. Dies hat meine Musik gemeinsam mit Werken von Ravel, Debussy, Bartok, Berg und vielen anderen.

Zur Erläuterung kann z.B. Bartoks Musik für Streicher, Schlagzeug und Celesta dienen, wo unter Leitung des noch immer berühmtesten der Stardirigenten die Einspielung der CD gleich einmal mit einem septimalen Viertelton begonnen wird (in Martin Vogels Notationsweise: b-1, b+, des+1, c+1, b+1), während an einigen Parallelstellen später ein echter Halbton am Beginn dieses Motivs bevorzugt wird (z.B.: c+1, d), was durch den Akkordzusammenklang dort auch logischer erscheint.

Ich könnte natürlich sämtliche meine Kompositionen mit exakteren mikrotonalen Zusatz-Vorzeichen versehen. Aber in der Praxis war das bisher nicht nötig. Es gibt etliche Aufnahmen von Aufführungen, wo auch ohne mikrotonale Notation meine Musik mikrotonal intoniert wurde – und zwar stimmig und durchaus rein.

Auch andere Beispiele für eine stimmige mikrotonale Intonation von traditionell 12-tönig notierter Musik gibt es viele. Unter den Ausführenden machen oft gerade besonders prominente Stars des Musiklebens die interpretierende Gestaltung der Intonation zur Voraussetzung des Erfolgs neuer Kompositionen. Ja die Analyse von Platten- und CD-Aufnahmen zeigte, dass mikrotonale Fähigkeiten im klassischen Musikleben viel verbreiteter waren, als bisher nachgewiesen wurde.

Es ist eine der größten Künste musikalischer Ausführender, zu entscheiden, welche Feinstufenintonation jeweils passt.

Aus diesem Kapitel wird hier nur ein Teil veröffentlicht.

 

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MMag.art. Ulf-Diether Soyka, Komponist | Marzellingasse 12/14 | A-3400 Klosterneuburg | Tel.mobil +43 676 4268277.
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