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KAPITEL E

 

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Praktische Erfahrungen mit der Enharmonisch-mikrotonalen Tastatur

 

Die von mir heute in Wien verwendete Tastatur wurde von Univ. Prof. Dr. Martin Vogel entworfen. Gebaut wurde eine erste Pfeifen-Orgel mit der von Vogel entworfenen Tastatur 1979 durch die Orgelbaufirma Schumacher (Eupen jetzt: Baelen, Belgien) für den Komponisten Hans-André Stamm (Leverkusen). Unter seiner Anleitung wurde neben der Spezialtastatur mit 48 mikrotonalen und enharmonischen Tonhöhen pro Oktave auch eine traditionelle Orgel-Tastatur mit zwei Manualen und automatischer Stimmungslogik ergänzt. Stamms Orgel ist detaillierter beschrieben unter http://www.eufonia.de/deutsch/orgel.php

 

Durch Hans-André Stamms Einsatz können jetzt auch Studierende praktische Erfahrungen mit enharmonischer Mikrotonalität an einer spielbaren Tastatur machen. Zahlreiche Kompositionen, die teils auf CDs veröffentlich wurden, sind dadurch inzwischen entstanden.

 

http://www.konservatorium-prayner.at/

 

Martin Vogels Entwurf einer eigenständigen Tastatur für Mikrotonale Musik war und ist nicht der einzige. Etliche andere Tastensysteme konnte ich anhand theoretischer Schriften oder in Form von Ausstellungsstücken des Technischen Museums in Wien kennen lernen, und etliche habe ich auch in der musikalischen Praxis ausprobiert.

 

Martin Vogels Konzept ist ein sehr präzises und ebenso exakt beschriebenes (in seinem Buch „Die Zukunft der Musik“, Bonn 1968, worin viele weitere Anregungen zu finden sind).

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media3/6.mov

 

Die von Vogel vorgeschlagene und für Stamm gebaute Spezialtastatur wäre an sich in ihrer Tastenanzahl unlimitiert. Man könnte auf Terztöne Septimen aufbauen, und auf diesen wieder terztöne und Septimen. Man könnte die Quintkette (die jetzt bis zur „verstimmten Oktave“ mit pythagoreischem Komma reicht) weiter fortsetzen  usw. – es wäre nur eine Frage der Armlänge, wie leicht man die entferntesten Töne darauf spielen könnte. Denn die Tasten sind nicht (wie am Klavier) in einer Tastenreihe angeordnet, sondern in einem Tastenfeld auch hintereinander gestaffelt.

 

Das Prinzip der Tastatur ist relativ leicht zu verstehen – auch wenn nicht alle Töne von links nach rechts mikrotonal aufsteigend angeordnet sind.

 

Ob die Tastatur nun 48 Tonhöhen pro Oktave hat oder mehr, ist nicht so entscheidend – wesentlich ist die systematische Anordnung der Tasten. Durch sie ist jede „Tonart“ gleich leicht oder schwer zu spielen (solange man von den „pythagoreischen“, in reinen Quinten

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20%20Quinten%20verschiedene.wma 

 

gestimmten größten Tasten ausgeht. Und selbst wenn man von den „terzverwandten“ kleineren Tasten ausgeht, gibt es wieder zwölf völlig gleich zu greifende Tonarten.

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20Terzen%20groß,%20verschiedene.mp3

 

Wichtig ist, dass die Intervalle rein gestimmt sind. Dadurch ist es leicht, äußerst entspannende Klänge 

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/UD%20Soyka%20Ave%20verum%20MIKROTONAL.mp3 

 

zu spielen – und ebenso leicht, extremst gespannte Akkorde aufzubauen 

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20X%20Mikrotonale%20Dissonanz.mp3  .

 

Die Kunst des Überganges zwischen diesen beiden Extremen ist etwas schwerer zu lernen – dies ist eine kompositorische Frage, die sich nicht durch Fingersätze und Notenlesen lernen lässt.

 

Die exakten, neuartigen, mathematisch reingestimmten Frequenzproportionen (4:7 usw.) sind kein Selbstzweck. Es war übrigens nicht die reine Stimmung der Enharmonischen Orgel, was mich zu dieser Tastatur hinzog und letztlich von ihr überzeugte. Es ging mir eigentlich kaum um eine mathematische Reinheit der intonierten Intervalle, sondern um die Bewältigung der Fülle des Tonvorrats, welcher u.a. aus der Einbeziehung der „Naturseptimen“ resultiert.

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20u%20Septimen%20klein,%20verschiedene.mp3

 

Diese Aufgabenstellung ist wohl nirgends besser gelungen als in Vogels Tastatur. Mich überzeugt auch Hans-André Stamms praktische Lösung der enharmonischen Gleichsetzung einiger Tonstufen – dabei werden an ausgewählten Stellen des an sich unbegrenzten Tonnetzes Differenzen von ca. 3 Cent „überhört“.

 

Was mich aber am meisten an dieser Tastatur begeistert, das ist die gute Spielbarkeit mikrotonaler Einfälle. Im Seminar Mikrotonalität in Wien konnten sämtliche Studierenden schon ab den Eröffnungsveranstaltungen Kadenzen 

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20X%20Kadenz%20reintonal.mp3 ,

 

terzverwandte Akkordfolgen 

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20X%20Terzverwandtschaft.mp3 ,

 

Naturseptimen  

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20X%20Naturseptime%204%20zu%207%20Frequenzverhältnis.wav ,

 

mikrotonale Skalen 

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20versch%20Tonleitern.mp3 

 

usw. spielen sowie damit improvisieren. Davon wurden auch Filmaufnahmen hergestellt.

Aus diesem Kapitel wird hier nur ein Teil veröffentlicht.

 

Bestellung des kompletten Buches bei ud ( at ) soyka-musik.at

 

 

MMag.art. Ulf-Diether Soyka, Komponist | Marzellingasse 12/14 | A-3400 Klosterneuburg | Tel.mobil +43 676 4268277.
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