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Kapitel U

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Deklaration des Gebrauchs mikrotonaler Musik

 

 

Wo Mikrotonale Musik z.B. durch Musikschaffende selbst für außermusikalische Gegebenheiten verwendet wird, soll dies offen deklariert werden.

 

Ich bekenne mich z.B. gerne dazu, dass ich bei der Komposition des „Ave Verum Corpus“ Mikrotöne verwendet habe – in einer Komposition, die ganz offen einen christlich-katholischen Text zum Klingen bringt, und einen zweiten – ebenso traditionell christlichen – Text („Ecce Lignum Crucis“) wortlos „andeutet“.

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/UD%20Soyka%20Ave%20verum%20MIKROTONAL.mp3

 

Aber weder wollte ich hier unterstellen, Horn und Sopran hätten tödliche Wirkungen, noch wollte ich ein Stilzitat anbringen oder verfremden.  Ich wollte Leid hier durch „unreine Klänge“ weder darstellen noch bewirken, noch wollte ich behaupten, dass das Leiden Jesu Christi durch mikrotonale Musik ausgelöst würde (um zunächst ein paar der extremsten Vermutungen zu diskutieren).

 

Mit diesem Einsatz mikrotonaler Strukturen wollte ich auch nicht (wie mir unterstellt werden könnte) die Mikrotonalität für eine bestimmte Kirche reservieren. Und ich wollte nicht jeden Einsatz von Mikrotonalität kirchlich legitimieren lassen. Ich wollte keine neue Form allgemein verbindlicher Kirchenmusik damit schaffen. Ich weiß zwar, dass alle diese Vermutungen nachträglich zur Wirkung kommen könnten (und ich würde persönlich manche davon vielleicht nicht einmal heikel finden): Aber ich habe mich bewusst bemüht, keine der vorhandenen Musiktraditionen zu verknüpfen mit der Vorstellung, sie (oder gar nur sie) habe das Leid des Kreuzes verursacht. Leid verursachen wir alle, mal mehr, mal weniger – und weder ausländische noch inländische Musik, weder alte noch neue Musik (usw.) dürfte hier Vorrang haben. Jede Art von Musik kann auf ihre Weise hilfreich ebenso wirken wie hilflos.

 

Die mehrfache Deutbarkeit musikalischer Strukturen als Symbole war mir beim Komponieren bewusst – auch wenn ich im Voraus nicht wissen konnte, wer irgendwann welche deutenden Einfälle zu meiner Komposition hinzufügen würde.

 

Aber: Ich habe einen Text verwendet und „vertont“. Dazu habe ich mich zu bekennen. Und ich bin nicht unglücklich, wenn andere das Ergebnis ähnlich empfinden wie ich.

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Es geht also um ein Offenlegen des Gebrauchs von Musik. Alle Nutzungen (und alle Nutzungsrechte) haben Wirkungen. Es geht um Indikationen und Contra-Indikationen. Diese sind – wie bei Medikamenten – möglichst sorgfältig mitzuteilen: Und zwar auch gegenüber der (angeblich) „dummen Masse“ der Konsumierenden, nicht nur in Fachkreisen und eingeweihten Zirkeln – falls mikrotonale Musik Allgemeingut werden soll.

 

Schon die Kennzeichnung von Analogien als Analogien wäre ein erster Schritt für diese Fairness gegenüber den Mitmenschen. Ebenso wichtig wäre aber auch, zuzugeben dass das innermusikalische Denken ebenfalls Defizite aufweist, die prinzipiell nicht mit menschlichen Methoden ausgeglichen werden können.

 

Aus diesem Kapitel wird hier nur ein Teil veröffentlicht.

 

Bestellung des kompletten Buches bei ud ( at ) soyka-musik.at

 

MMag.art. Ulf-Diether Soyka, Komponist | Marzellingasse 12/14 | A-3400 Klosterneuburg | Tel.mobil +43 676 4268277.
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