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Kapitel Q

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Orientierung, Intonation und Gehörskontrolle bei mikrotonalen Aufführungen

 

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Erfahrungsgemäß wachsen die Fähigkeiten, mikrotonal exakter zu intonieren, relativ rasch – auch bei Erwachsenen. Die Orientierung ist prinzipiell möglich, und das Orientierungsvermögen ist trainierbar.

 

Es gibt dabei typische Fehlerquellen, die mit einfachen Hilfsmitteln bewältigt werden können. Dazu ein Beispiel aus dem Seminar Mikrotonalität in Wien:

 

Das Notieren einer mikrotonalen Komposition wurde mit Hilfe der Enharmonischen Orgel erleichtert, indem die gewünschten Intervalle zuerst am (mikrotonalen) Instrument aufgesucht und zum Klingen gebracht wurden. Anhand der Tastatur wurde dann nach der entsprechenden Notation der Tonhöhen gesucht – wobei der jeweilige Mikroton in Bezug auf einen Referenzton eingeordnet wurde.

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XQ%201%20Notieren%20von%20Mikrointervallen%20mit%20Hilfe%20von%20Referenzt%F6nen.mp3

 

Die Referenztöne wurden von der traditionellen Klaviatur der Enharmonischen Orgel abgenommen. Dann wurde die Tonaufnahme der Musik mit der Notation verglichen. Dabei zeigte sich, dass manche Mikrointervalle offenbar falsch notiert worden waren – statt aufwärts ging die Mikro-Melodie fallweise abwärts etc. Was war die Ursache, wo lag der Fehler im angewandten Verfahren ?

 

Eine Fehlerquelle war natürlich, dass im Seminar Mikrointervalle zum Komponieren verwendet wurden, welche nicht schon selbstverständlich verankert waren im Können aller Beteiligten – die mikrotonale Aufgabenstellung selbst war noch etwas zu fortgeschritten gewesen.

 

Die nächste Fehlerquelle war, dass die Systematik der Enharmonischen Tastatur noch nicht ausreichend verstanden worden war. So erst wurden Bezugstöne von außerhalb überhaupt benötigt (denn bei selbstverständlicher Kenntnis dieser Tastatur ließe sich jeder vorhandene Mikroton exakt notieren, ohne andere Instrumente – wie Stimmgabeln etc. - zu Hilfe zu nehmen).

 

Eine weitere Fehlerquelle war, dass einige Töne der Enharmonischen Spezialtastatur zu diesem Zeitpunkt leicht verstimmt waren (in einem minimalen Ausmaß, welches für ein Klavier vernachlässigbar wäre, nicht aber für das Aufsuchen von Mikrointervallen).

 

Die größte Fehlerquelle aber war, dass nicht bedacht worden war, dass die traditionelle Klaviatur der Enharmonischen Orgel keine fixen Tonhöhen hat – und dass sie daher als Vergleichsbasis ungeeignet ist zum Notieren exakter Frequenzverhältnisse: Da diese Klaviatur vom Computer gesteuert wird, wechselt die Tonhöhe jeder Taste automatisch, je nachdem, welcher Ton als Grundton der diatonischen Tonleiter einprogrammiert wird.

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XQ%202%20Wechselnde%20Tonh%F6hen%20bei%20traditionellen%20Orgeltasten.mp3

 

Und von wechselnden Tastentönen können keine haltbaren Rückschlüsse darauf gezogen werden, welcher Mikroton soeben auf der Spezialtastataur erklang.

 

Die aus diesen Fehlerquellen resultierenden falschen Notationen konnten letztlich behoben werden, indem als Referenzsystem nicht mehr die (variablen) Tonhöhen der Orgel-Klaviatur herangezogen wurden, sondern die fixen Tonhöhen des daneben stehenden Klaviers.  

 

http://www.soyka-musik.at/upload/media2/Zu%20Mikrobuch%20-%20XQ%203%20Chromatische%20zw%F6lf%20T%F6ne%20als%20Orientierungssystem%20f%FCr%20Mikrotonmusik.mp3

 

Dieses Erlebnis zeigt: Wo es darum geht, kleinere Intervall-Abstufungen exakter zu intonieren als bisher, wird wesentlich mehr Sensibilität (der Selbstkontrolle) und mehr Koordination (der zielgerichteten Aktion) benötigt – also letztlich mehr innermusikalische Intelligenz.

 

 

Aus diesem Kapitel wird hier nur ein Teil veröffentlicht.

 

Bestellung des kompletten Buches bei ud ( at ) soyka-musik.at

 

MMag.art. Ulf-Diether Soyka, Komponist | Marzellingasse 12/14 | A-3400 Klosterneuburg | Tel.mobil +43 676 4268277.
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